Jugendliche LSBTTIQ* im ländlichen und kleinstädtischen Raum
Die endgültige Abschaffung des Schwulenverfolgungsparagraphen 175 vor 25 Jahren 1994, der sexuelle Handlungen von zwei Personen männlichen Geschlechts unter Strafe stellte und die Entpathologisierung von Homosexualität, die 1991 als Diagnose aus der ICD- Klassifikation gestrichen wurde, waren, global gesehen, Meilensteine für LSBTTIQ*. Dazu gehört auch die Stellungnahme des Weltärztebundes 2013, die eindeutig festhielt, dass Homosexualität zur natürlichen sexuellen Orientierung gehört, keine Krankheit darstellt und auch keiner (Konversions-)Therapie bedarf, sondern ein Teil der menschlichen Vielfalt ist. Auch die Anzahl der Personen des öffentlichen Lebens, die ihr sich klar zu ihrer sexuellen Orientierung bekennen und die ihr äußeres Coming-out vollzogen haben, nimmt deutlich zu. Vor diesem Hintergrund entwickelte sich in den letzten Jahren ein offenes gesellschaftliches Klima und ein deutlich verbesserter und sich gegenseitig akzeptierender Umgang. Und in einer offeneren Gesellschaft werden LSBTTIQ* immer sichtbarer.
Trotzdem zeigen sich weiterhin, auch in Brandenburg, beunruhigende Stigmatisierungen und Diskriminierungen nicht-heterosexueller, nicht-heteronormativer Menschen, die einzelnen Fälle reichen hierbei von subtiler Homophobie, offener Ablehnung, verbaler und körperlicher Gewalt. Die Umfrage zur Situation von LSBTTIQ* in Brandenburg gibt hierzu deutliche Hinweise. Die Art und Weise des Heranwachsens, -das Elternhaus, die soziale Absicherung, die Bildungsangebote und die Diskriminierungsfreiheit- entscheiden über die späteren Chancen ein selbstbewusstes und erfülltes Leben zu führen. In Bezug auf LSBTTIQ* ist es das Ziel, ein diskriminierungsfreies Aufwachsen zu ermöglichen. In einem Klima, in dem „schwul und Schwuchtel“ in der Alltagssprache auf Schulhöfen zu häufig verwendeten Schimpfwörtern gehören, und in der Bedeutung als „nicht normal“ derart negativ belegt sind, kann man nachvollziehen, dass betroffene Kinder und Jugendliche vielfältigen Erfahrungen mit Diskriminierung, Benachteiligungen, Ausgrenzung und systematischen Mobbing an Bildungseinrichtungen ausgesetzt sind. Direkte oder indirekte Diskriminierung erhöhen deutlich das Risiko in der gesundheitlichen Entwicklung für Menschen mit nicht-heterosexueller Orientierung. Die Auswirkungen sind vielfältig und können von psychischen Störungen, affektiver Störungen, Angststörungen bis hin zu Suchterkrankungen und Depressionen führen, darüber hinaus ist eine dreifach erhöhte Suizidrate bei Kindern und Jugendlichen mit diesem Hintergrund festzustellen.
Um so wichtiger ist es, "anders liebende" Menschen als gleichberechtigte und gleichwertige Lebensweise darzustellen. In den ländlichen und kleinstädtischen Räumen Brandenburgs konnte sich in den letzten Jahren keine sichtbare und erfahrbare Community (LSBTTIQ*) dauerhaft etablieren. Dadurch fehlen bekannte und ansprechbare Vertrauenspersonen. Mit den fehlenden Anlaufpunkten in der Regionen ergeben sich wenig Kommunikationsmöglichkeiten für jugendliche LSBTTIQ*. In der momentanen Lage sind die Strukturen vor Ort nicht geeignet, teenagergerecht und unkompliziert Auskunft, Beratung und Hilfe zu erhalten.
Für Kinder- und Jugendliche ist das Entwickeln eines sexuellen Bewusstsein und einer sexuellen Identität ein wichtiger Prozess im Erwachsenwerden. Obwohl die gesellschaftliche Akzeptanz gestiegen ist, ist gerade für jugendliche LSBTTIQ* ein Coming-out in heteronormativ geprägten Lernräumen oft mit großen Schwierigkeiten verbunden. Im Vergleich zu anderen Minderheiten wie z.B. Ethnien ist das „Anderssein“ bei jugendlichen LSBTTIQ* nicht offensichtlich, und stellt insofern eine Besonderheit dar.
Die Ziele der LKS "Queeres Brandenburg" bestehen darin, im Flächenland Brandenburg Netzwerke von und für jugendliche LSBTTIQ* zu schaffen, die die Bedarfe in dieser Zielgruppe erkennen und entsprechende Projekte zur Information, Beratung, Hilfe und Freizeitgestaltung entwickeln. Dazu bedarf es der Zusammenarbeit mit der Zivilgesellschaft vor Ort. Gesucht werden Ansprechpersonen, welche sich für die Belange von jugendlichen LSBTTIQ* einsetzen und vertrauensvoll Möglichkeiten individueller Handlungsstrategien aufzeigen und besprechen können. Über die weitreichenden Kontakte und Netzwerke des antragstellenden Vereins, könnte eine Suche nach Ansprechpersonen dahingehend forciert werden. Große Verbände, wie die Landesjugendfeuerwehr oder der Landessportbund sollen in die Suche einbezogen werden. Diese Ansprechpersonen sollen fortgebildet und für die Belange von jugendlichen LSBTTIQ* sensibilisiert sein. Dazu können die Fortbildungsangebote des Projektes "Schule unterm Regenbogen genutzt werden.
Das Ziel der LKS "Queeres Brandenburg" besteht desweiteren darin, dass jugendliche LSBTTIQ* selbst aktiv werden und eigene Projekte zur Freizeitgestaltung, Selbstfindung und Vernetzung entwickeln. Der antragstellende Verein hat dafür, zusammen mit den jugendlichen Ehrenamtlichen, das Projekt "SoC - Street of Color" entwickelt. Auch der Verein Culture Interactive e. V. hat in 2019/2020 ein Jugendprojekt aufgelegt und bietet Workshops und Treffen in Cottbus, Frankfurt/Oder und Flecken Zechlin an. Die LKS "Queeres Brandenburg" will mit dafür sorgen, dass solche Projekte und Programme, bekannt gemacht und verstetigt werden, um eine langfristige Strategie zu ermöglichen.
Das Ziel der LKS "Queeres" Brandenburg" ist es, dass "Leuchtturmprojekte" geschaffen und bekannt gemacht werden, die auch in den kleinstädtischen und ländlichen Räumen wahrnehmbar sind. Dazu zählen, u. a. die Demonstration anlässlich des CSD COTTBUS, der QUEENSDAY Potsdam oder die Möglichkeit für jugendliche LSBTTIQ* beim Berliner CSD auf dem gayBrandenburg-Wagen mitzufahren. Die LKS "Queeres Brandenburg strebt zudem die Zusammenarbeit mit der DGB-Jugend beim Projekt "Queeres Sommercamp" an, dass 2019 das erste Mal stattgefunden hat.
Der antragstellende Verein möchte jugendliche LSBTTIQ* aus den ländlichen und kleinstädtischen Räumen in ihrer Selbstfindung unterstützen und möchte über die LKS "Queeres Brandenburg" zukünftig ein zwei-vierwöchiges Praktikum in den Sommerferien in Potsdam für Schüler*_*innen, dass landesweit bekannt gemacht wird, anbieten. Dazu soll ein entsprechendes Programm entwickelt werden. Übernachtungsmöglichkeiten bestehen u. a. in Potsdams queeren Wohnprojekt "Luise-Henrietten-Stift" im Holländischen Viertel in Potsdam. Das Praktikum basiert auf dem Projekt "queer Factory" wie vorhergehend in Punkt 1.5. beschrieben.
Die Strategien und Ziele in der Zielgruppe jugendliche LSBTTIQ* zur Umsetzung des LAP "Queeres Brandenburg" soll über eine jährliche Fachkonferenz, durch die LKS "Queeres Brandenburg" organisiert, entwickelt werden. Hierzu soll so breit wie möglich eingeladen werden. Ziel ist es, alle jugendrelevanten Beratungsstellen, die Trägerlandschaft aus dem Bildungs- und Jugendbereich und aus dem Sportbereich sowie aus den Religionsgemeinschaften und Wohlfahrtsverbände zu erreichen und diese für die Belange von jugendlichen LSBTTIQ* zu sensibilisieren und entsprechende zielgruppenspezifische Angebote, die in der Jugendarbeit vor Ort helfen könnten zu unterbreiten.